Nur etwa acht Kilometer von Orahovac entfernt, Richtung Suva Reka, liegt in einem Tal das Dorf Velika Hoča. Schlangenlinienförmig zieht sich die Straße bis hinunter zu den ersten Häusern der serbischen Enklave, die von Weinbergen gesäumt wird. Velika Hoca gehört zur Großgemeinde Orahovac und ist die Heimat von knapp 700 Serben. (Foto: Ralf Keinath)
Die Häuser in Velika Hoča gleichen denen in Orahovac: Viele sind heruntergekommen, unfertig oder leerstehend. Die Straßen sind oft nur aus Schotter oder es ziehen sich Risse durch den Asphalt. Anders als in Orahovac gibt es hier allerdings keine größeren Probleme mit der Wasser- und Stromversorgung. (Foto: Ralf Keinath)
Außer einem Schulbus, der die Jugendlichen jeden Tag nach Orahovac bringt, fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel von oder in die Enklave. Es gibt dort kleine Supermärkte, einen Arzt, eine Grundschule. Das Dorf ist wie ein Mikrokosmos. In Orahovac ist der Konflikt zwischen Serben und Albanern jeden Tag präsent, in Velika Hoča ist davon nichts zu spüren. (Foto: Ralf Keinath)
Die meisten Serben in Velika Hoča sind arbeitslos. Sie leben von Sozialhilfe, die sie sowohl vom Kosovo als auch von Serbien beziehen. Tagsüber sitzen sie auf den Stufen vor den Supermärkten im Zentrum der Stadt, rauchen, reden, vertreiben sich die Zeit. (Foto: Ralf Keinath)
Katarina Djuricic (23) und ihr Cousin Bozidar Djuricic (20) sind in Velika Hoča aufgewachsen. Beide leben seit einem Jahr in Nord-Mitrovica, wo sie beide Jura studieren. „Die Serben in Orahovac haben nur zwei Straßen, in denen sie sich frei bewegen können und wohlfühlen“, sagt Katarina. „Wir haben hier unsere eigene Stadt, wir haben hier alles.“ (Foto: Ralf Keinath)
Velika Hoča ist eine serbische Kulturstätte. Dreizehn serbisch-orthodoxe Kirchen zählt das Dorf, keine einzige wurde während des Kosovo-Kriegs zerstört. Die Kirche des Heiligen Stephen (Foto) stammt aus dem 14. Jahrhundert. Andere Kirchen in der Stadt können sogar noch weiter zurückdatiert werden. (Foto: Ralf Keinath)
„Jede Familie hier in Velika Hoča produziert Wein“, sagt Bozidar, „Auch meine eigene.“ Wein und Raki sind die Aushängeschilder der Region Metohija, wie der Westen des Kosovo von den Serben genannt wird. Vor dem Krieg gehörten den Bewohnern Velika Hočas noch etliche Hektar Land, die das Dorf umgeben. Kurz nach 1999 wurden mehrere Serben bei der Arbeit an den Reben ermordet, sodass sie die Weinberge weit außerhalb der Stadt aufgaben und nur noch diejenigen unmittelbar an den Dorfgrenzen bebauen. (Foto: Ralf Keinath)
In Velika Hoča gibt es nur ein Café und eine Bar, außerdem ein Gemeindehaus, in dem die Bewohner hin und wieder kleine Feste veranstalten. Nach Orahovac – in den albanischen Teil – gehen auch die meisten Serben aus Velika Hoča nicht, außer sie müssen größere Besorgungen machen. „Ich habe mich dort noch nie in eine Bar oder ein Café gesetzt“, sagt Katarina. „Ich fühle mich unwohl unter den Blicken der Albaner, ich hätte ständig Angst.“ (Foto: Ralf Keinath)
Auf dem Schulhof spielen die jungen Leute Basketball oder Fußball oder sitzen auf der Wiese rundum und schauen zu. Hier haben sie etwas Entscheidendes, was den Serben in Orahovac fehlt: Raum, in dem sie sich wohl fühlen, in dem sie daheim sind. Ein Gefühl von Freiheit. Und wenn auch nur auf wenigen Quadratkilometern. (Foto: Ralf Keinath)
In Velika Hoča spielen die Kinder alleine draußen. An einem Bach, auf dem Hof, auf der Straße. In der kleinen serbischen Gemeinde fürchtet niemand, dass jemand den Kindern etwas antun könnte. (Foto: Ralf Keinath)
Viele Häuser tragen diese Schilder mit dem Symbol der Europäischen Union: die EU fördert mit finanziellen Mitteln Projekte in Velika Hoča, um die serbische Kultur dort zu schützen und zu erhalten. (Foto: Ralf Keinath)
Jovan Djuricic ist Mitglied der serbischen Gemeindeverwaltung in Orahovac. „Es gibt Gesetze und Regeln, die unser Leben hier verbessern sollten“, sagt er. „Doch die werden missachtet. Ich glaube, irgendwann werden keine Serben mehr im Kosovo leben. Wir haben hier keine Zukunft.“ (Foto: Ralf Keinath)
Schilder werben auf Deutsch um selbstgemachten Raki und Wein. Fast jeder in Velika Hoča kennt einen Deutschen oder einen Schweizer Soldaten, der ihr Dorf einmal beschützt hat. Viele stehen heute noch mit ihnen in Kontakt. (Foto: Ralf Keinath)
Nach serbisch-orthodoxer Tradition werden die Toten hier in Velika Hoča begraben, etwas abgelegen von den Häusern der Bewohner. Über ihnen weht die serbische Flagge im Wind. (Foto: Ralf Keinath)